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Das klingt zunächst für Liebhaber trockener Gewächse eher normal, doch schon beim Blick auf das dezente Etikett verblüfft, denn hier haben so gut wie alle Weine weniger als ein Gramm Restzucker. Und das ist in Deutschland nicht gerade die Norm, gestalten viele Winzer ihre Weine doch gern mit ein wenig Restsüße angenehmer, zugänglicher, oder sagen wir gleich kommerzieller.
Was wiederum keinesfalls die natürliche Restsüße an sich verteufeln soll und hier vertritt auch Martin Albrecht ganz klar der Meinung, dass beispielsweise ein zarter Moselriesling enorm von solcher profitieren kann. Schaut man allerdings auf das halbtrockene (etwas geschmeidiger feinherb genannt) Einerlei, das zu weiten Teilen das Geschmacksprofil der Weine aus Württemberg dominiert, so muss man einen Außenseiter wie Martin Albrecht schon für seinen Mut bewundern, derart konsequent seinen eigenen Weg zu gehen. "Wenn ich nicht meinen eigenen Wein machen könnte, würde ich es lieber ganz lassen" – für einen Weinmacher aus einer Familie mit über 500 Jahren Winzertradition eine klare Ansage.
Schon im Vorfeld hat man uns von der begeisternden Frische der hier erzeugten Tropfen erzählt, absolut bekömmlich wären sie ebenfalls und nicht einmal teuer dazu. Martin Albrecht sagt dazu nicht viel, sondern lässt zunächst seine Weine sprechen. Und die sind durch die Bank großartig. Wohlgemerkt knochentrocken, dabei aber nie säuerlich oder gar ätzend, sondern eher pikant, tiefgründig, manchmal wie etwa der Trollinger mit liebenswerten Ecken und Kanten (so haben Sie diese Rebsorte vermutlich noch nie auf der Zunge gehabt), generell aber wie klares, gesundes, köstliches Wasser – Weine, die durchscheinend und dennoch intensiv sind, Durst machen, Geschichten erzählen.
Der Riesling ist schlank, mineralisch, apfelfruchtig, voller Nachhaltigkeit und hat – wie der 2009er beweist – einen langen Atem. Der Sauvignon blanc springt den Gaumen nicht an, sondern dehnt sich mit Aromen von reifer Zitrone, grüner Paprika und weißem Pfeffer erfrischend aus. Das macht Appetit! Den Chardonnay wollten wir zunächst gar nicht verkosten, doch Martin Albrecht macht daraus einen dezent buttrigen, vor Terroir nur so strotzenden und mit feiner Birne und Mirabelle verführenden Geniestreich und der Gelbe Muskateller ist mit seiner knackigen Säure, dem betörend feinen Rosenduft und herrlichen Quittenaromen die Antithese zu alkohollastigen und trägen Pendants aus dem Elsass.
Der Schwarzriesling des Weinguts steht so hell im Glas wie er dunkel schmeckt und seine Herkunft aus der Pinot-Familie nicht leugnen kann. Absolut präziser Holzeinsatz trägt hier genauso faszinierend elegante Früchte wie beim Spätburgunder des Hauses. Den gibt es in drei unterschiedlichen Qualitätsstufen: Der "einfache Gutsriesling" ist schon ausgezeichnet, den von alten Reben müssen wir aus Zeitgründen für das nächste Mal aufheben – und die "Reserve" aus dem Jahrgang 2012 kann getrost mit den allerbesten Pinot Noirs Deutschlands konkurrieren. Schier endlose Frucht, kristallklare Struktur, kraftvolle Würze mit Aromen von Unterholz, feinem Rauch, dem Hauch von Minze im Duft ... hier bekommt man für 27,50 Euro einen absoluten Hammer im Glas, der noch viele Jahre vor sich hat. Vorausgesetzt, man hält das durch. Bereits ausverkauft ist sein Syrah, denn der hat in einem renommierten Wettbewerb 90 Punkte geholt und den Cabernet Sauvignon nehmen wir uns auch beim nächsten Mal vor.
All das macht Martin Albrecht auf sieben Hektar Weinberge, außerdem hat man Brennrecht und nutzt es für eine Vielzahl interessanter Brände, die wir beim nächsten Mal unbedingt verkosten müssen. Und dann sind da noch die Essigsorten ... zunächst ist unser Kofferraum voll, aber wir kommen wieder. Und wie sieht es bei Ihnen aus?
Weingut Martin Albrecht, Heilbronner Straße 56, 74223 Flein, www.martin-albrecht-weingut.de, Öffnungszeiten Mo-Fr 9-12 und 15-17 Uhr, Samstag 9-12 Uhr, Mittwoch Nachmittag geschlossen.